Der EuGH urteilt, dass die Bestimmungen der Verordnung Nr. 650/2012 den jeweiligen Mitgliedstaat dazu ermächtigen, die Voraussetzungen zur Eintragung von dinglichen Rechten an Immobilien festzulegen.
I.- Hintergründe und Vorgehensweise
Im vergangenen März hat der EuGH sein Urteil in der Rechtssache C 354/21 veröffentlicht, dem ein vom Obersten Verwaltungsgericht Litauens eingereichtes Vorabentscheidungsersuchen zugrunde lag.
Nach dem Ableben der Mutter des Rechtsmittelführers in Deutschland, als deren einzigen Sohnes und Erben, nahm er vorbehaltlos das gesamte Erbe in Deutschland an. In Anbetracht der Tatsache, dass der genannte Nachlass auch in Litauen belegenes Vermögen umfasste, erhielt der Rechtsmittelführer das Europäische Nachlasszeugnis vom zuständigen deutschen Gericht.
Dieses Europäische Nachlasszeugnis, das keine Beschreibung des vom Nachlass umfassten Vermögens enthielt, wurde zusammen mit dem Antrag auf Eintragung seines Eigentumsrechts an einer in Litauen belegenen Immobilie eigereicht.
Die für die Eintragung in diesem Land zuständige Behörde lehnte jedoch den Antrag mit der Begründung ab, dass das Europäische Nachlasszeugnis nicht die durch das Grundbuchgesetz vorgeschriebenen Angaben enthalte, die zur Identifizierung des unbeweglichen Vermögensgegenstands erforderlich seien.
II.- Prüfung der verschiedenen gestellten Fragen
Der EuGH prüft das eingereichte Ersuchen und erinnert zuerst einmal an die rechtliche Natur des sogenannten “Europäischen Nachlasszeugnisses”. In diesem Sinne wird darauf hingewiesen, dass dieses Dokument als autonomes Instrument des EU-Rechts das Ziel hat, den Erben und Vermächtnisnehmern sowie den Angehörigen des Erblassers und den Nachlassgläubigern dabei zu helfen, ihre Rechte auf zügigere und effizientere Art und Weise bei der Abwicklung einer Erbsache mit grenzüberschreitendem Bezug auszuüben.
Das Europäische Nachlasszeugnis wird tatsächlich dafür ausgestellt, insbesondere von den Erben genutzt zu werden, um in einem anderen Mitgliedstaat ihren Status nachzuweisen oder ihre Rechte auszuüben, sowie zum Beweis der ihnen zustehenden, einzelnen Nachlassgüter.
Man kann im Allgemeinen behaupten, dass ein Europäisches Nachlasszeugnis ein wirksames Schriftstück für die Eintragung des Nachlassvermögens in das einschlägige Register eines Mitgliedstaats darstellt. Der EuGH erinnert jedoch daran, dass die Verordnung 650/2012 – sowohl in den Vorschriften selbst als auch in einem der Bewegungsgründe – festlegt, dass die Voraussetzungen zur Eintragung eines Rechtes an beweglichen (oder unbeweglichen) Vermögensgegenständen in einem Register vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen ist.
III. Schlussfolgerungen
Folglich richten sich die gesetzlichen Voraussetzungen zur Eintragung in diesem Bereich nach dem nationalen Recht. Aus diesem Grund darf jeder Mitgliedstaat, in dem eine solche Eintragung von dinglichen Rechten an unbeweglichen Gütern vorgesehen ist, frei festlegen, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form diese Eintragung zu erfolgen hat.
Abschließend kann festgestellt werden, dass durch diese Entscheidung bestätigt wird, dass in bestimmten Fällen die vom Europäischen Nachlasszeugnisses vermutlich beabsichtigten praktischen Auswirkungen begrenzt sind.