Was versteht man unter der zivilrechtlichen Gebietszugehörigkeit in Spanien?
Die zivilrechtliche Gebietszugehörigkeit ist der rechtliche Status einer Person, aufgrund dessen sie als Einwohnerin eines bestimmten spanischen Territoriums anerkannt wird. Dieser Status hat eine grundlegende Bedeutung, denn er bestimmt, welches Recht auf sie anwendbar ist, d.h., ob sie dem allgemeinen spanischen Zivilrecht oder einem Foralrecht unterliegt, was Auswirkungen auf die für sie geltenden zivilrechtlichen Regelungen im Bereich des Familienrechts, des Erbrechts usw. hat.
Spanien ist in siebzehn Autonome Regionen und zwei Autonome Städte (Ceuta und Melilla) aufgeteilt. Unter ihnen gibt es sieben Autonome Regionen, welche über eigene Foralgesetze verfügen.
Für die Personen, welche die zivilrechtliche Gebietszugehörigkeit einer Autonomen Region mit eigenem Zivilrecht besitzen, ist nicht das allgemeine spanische Zivilrecht, sondern das jeweilige Foralrecht anwendbar.
Sowohl die spanischen als auch die ausländischen Staatsbürger dürfen ihre zivilrechtliche Gebietszugehörigkeit ändern.
Schauen wir uns die folgenden Beispiele an:
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Änderung der zivilrechtlichen Gebietszugehörigkeit einer in Spanien wohnhaften Spanierin:
María ist Spanierin. Sie ist in Málaga (Andalusien) geboren und aufgewachsen, wo auch ihre Eltern geboren sind und wo sie wohnen. Mit 22 beschließt sie, nach Barcelona (Katalonien) zu ziehen, um einen Master in Rechtswissenschaften in dieser Stadt zu absolvieren. Dort schließt sie ihr Studium erfolgreich ab. Heute ist sie 24 Jahre alt und sie wird von einer renommierten Anwaltskanzlei in Barcelona eingestellt.
Welche zivilrechtliche Gebietszugehörigkeit hat María?
María besitzt aktuell die andalusische Gebietszugehörigkeit, die sie aufgrund des Abstammungsprinzips (ius sanguinis) bekommen hat, aber nachdem sie 2 Jahre dauerhaft in Barcelona gewohnt hat, erhält María jetzt die Option, die katalanische zivilrechtliche Gebietszugehörigkeit anzunehmen, wenn sie eine entsprechende Erklärung beim Personenstandsregister abgibt. In diesem Fall wird nunmehr das katalanische Zivilrecht für sie persönlich zur Anwendung kommen.
Wenn María sich jedoch nicht in dieser Hinsicht äußert, wird sie nach wie vor die andalusische zivilrechtliche Gebietszugehörigkeit haben. In diesem Fall wird für sie weiterhin das allgemeine spanische Zivilrecht Anwendung finden.
Und wie ist es, wenn María nach 10 Jahren weiterhin in Barcelona wohnhaft ist?
Diese Situation stellt genau das Gegenteil der vorstehend beschriebenen Situation dar, das heißt, wenn zehn Jahre vergangen sind und María keine entsprechende Erklärung beim Personenstandsregister abgegeben hat, wird sie die katalanische zivilrechtliche Gebietszugehörigkeit erwerben. Sollte María die andalusische zivilrechtliche Gebietszugehörigkeit behalten wollen, müsste sie innerhalb der zehn Jahre dem Erwerb der katalanischen zivilrechtlichen Gebietszugehörigkeit widersprechen.
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Zivilrechtliche Gebietszugehörigkeit eines in Spanien wohnhaften Ausländers in Bezug auf die erbrechtlichen Bestimmungen
Stefan ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, wo er fast sein ganzes Leben lang als Buchhalter gearbeitet hat. Mit 66 – verwitwet und kurz nachdem er in Rente gegangen ist – hat er ein kleines Haus in Manacor (Balearen) gekauft, in das er eingezogen ist, um dort dauerhaft zu wohnen.
Heute ist er 69 Jahre und wohnt nach wie vor in Manacor. Er möchte sein erstes Testament errichten und hat sich an ein Notariat in Manacor gewandt, wo man ihm empfohlen hat, sich zunächst einen Rechtsanwalt zu nehmen, um sich entsprechend beraten zu lassen. Und so hat das Stefan gemacht.
Der Rechtsanwalt hat ihn darüber informiert, dass die Europäische Erbrechtsverordnung (Verordnung Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 in Erbsachen, welche im August 2015 in Kraft getreten ist, die Möglichkeit einräumt, das Erbrecht des eigenen Heimatlandes als anwendbares Recht zu wählen.
Falls Stefan in seinem Testament explizit oder implizit keine Rechtswahl trifft, wird für seinen Erbfall das Recht des Ortes, an dem er seinen Wohnsitz zum Zeitpunkt des Ablebens hatte, zur Anwendung kommen. Aus diesem Grund empfiehlt ihm der Rechtsanwalt, beide Optionen im Vorfeld abzuwägen, um die für ihn Günstigere auszuwählen.
Stefan hat jedoch folgende Frage, die er dem Rechtsanwalt stellt: Welches Recht wäre in meinem Fall anwendbar, das allgemeine spanische Zivilrecht oder das balearische Foralrecht?
Einerseits erhält ein ausländischer Staatsbürger die allgemeine oder forale zivilrechtliche Gebietszugehörigkeit in Spanien, wenn er durch den Erwerb der spanischen Staatsangehörigkeit kein Ausländer mehr ist. Im Zuge der Einbürgerung kann der ausländische Staatsbürger sich für die forale Gebietszugehörigkeit entscheiden, wenn er in dem Ort länger als zwei Jahre dauerhaft gewohnt hat. Das ist nicht der Fall von Stefan, der deutscher Staatsbürger ist.
Andererseits ist die zivilrechtliche Gebietszugehörigkeit eines in einer Autonomen Region mit Foralrecht wohnenden Ausländers nicht in ganz Spanien einheitlich geregelt.
Die derzeit herrschende Meinung legt fest, dass für einen Ausländer, der in einer Autonomen Region mit speziellem Recht bzw. Foralrecht ansässig ist, die dort geltenden zivilrechtlichen Bestimmungen anwendbar sind, auch wenn er die spanische Staatsangehörigkeit noch nicht besitzt. In Anlehnung an diese Auslegung, gilt für Stefan als deutscher, in den Balearen ansässiger Staatsbürger das balearische Zivilrecht.
Das heißt, wenn er nicht das deutsche Recht wählt, wird das Foralrecht der Balearen für seinen Erbfall gelten.