Viele deutsche Käufer und Verkäufer von spanischen Immobilien sind aufgrund einer Vielzahl von behördlichen Maßnahmen in Deutschland und Spanien (Quarantäneverfügungen, Grenzschließungen, Einstellung des Flugverkehrs sowie ein bis zum 12. April 2020 ausgerufener Alarmzustand in Spanien) verunsichert!
Viele fragen sich, wie sie ihr Rechtsgeschäft sowohl zeitlich als und räumlich abgewickelt bekommen und auf was sie in der derzeitigen Lage achten müssen.
Bei Vertragsstörungen in Verbindung mit dem Coronavirus kann man derzeit davon ausgehen, dass hier in vielen Fällen Höhere Gewalt vorliegt.
I. Kaufoptionsverträge / Contratos de arras: Fristen und Anzahlungen.
Der spanische privatschriftliche Kaufvertrag sieht i.d.R. mit Unterzeichnung eine Anzahlung seitens des Käufers vor. Darüber wird in diesem Vertrag eine Frist festgelegt, bis zu dem die notarielle Beurkundung des Immobilienkaufes stattfinden muss. Kommt es bis Ablauf dieser Frist nicht zur Beurkundung des Kaufvertrages, muss im Normalfall diejenige Partei, die das Rechtsgeschäft innerhalb bzw. bis zur Frist nicht eingehalten hat, die andere dafür entschädigen („Arras penitenciales“).
Eine Situation höherer Gewalt befreit grundsätzlich die jeweilige Partei von ihrer Erfüllungsverpflichtung innerhalb bzw. bis zur vertraglich vereinbarten Frist.
Höhere Gewalt führt nicht automatisch zu Schadensersatzansprüchen oder der Möglichkeit den Vertrag einseitig mit der Berufung auf Höhere Gewalt zu beenden.
Liegt ein Fall Höherer Gewalt vor, so werden in der Regel als Rechtsfolge die Parteien von ihren Hauptleistungspflichten befreit und jede Seite wird verpflichtet, etwaige schädlichen Wirkungen des Ereignisses jeweils selbst zu tragen. Zudem sind folgende Rechtsfolgen denkbar:
a) Der Vertrag wird im Falle Höherer Gewalt automatisch aufgelöst.
b) Vertragspflichten werden erst einmal ausgesetzt und nach dem Ende des außerordentlichen Ereignisses wiedereingesetzt.
c) Es gibt eine bestimmte Zeitspanne, innerhalb derer die Vertragspflichten ausgesetzt werden. Sobald das Ereignis über eine bestimmte Zeitspanne hinaus läuft, hat jede Partei ein Kündigungsrecht oder der Vertrag wird aufgelöst.
II. Was ist zu tun, wen der ursprünglich geplante Notartermin bis Mitte / Ende April 2020 geplant war?
Trotz des vollständigen Shutdowns, von dem auch alle Notariate in Spanien betroffen sind, verlängern sich durch das in Spanien wegen der Corona-Krise erlassene Dekret 463/ 2020 nicht automatisch die Fristen für zivil- und handelsrechtliche Verträge. Aus diesem Grund ist Ihrerseits ein aktives Handeln in Bezug auf den eingeleiteten Immobilienkauf oder -verkauf zwingend erforderlich.
Käufer- und Verkäuferseite sollten zeitnah in Kontakt treten und eine einvernehmliche Fristverlängerung des notariellen Beurkundungstermins schriftlich vereinbaren. Es wird empfohlen, diese Vereinbarung als Zusatzvertrag (Addendum) vorzunehmen und somit von beiden Seiten zu unterzeichnen.
Für den Fall, dass sich eine der Parteien weigern sollte einer Vertragsanpassung zuzustimmen, sind die Maßnahmen und Schritte, welche in Hinblick auf eine Einigung vorgenommen wurde, der Gegenseite zu kommunizieren und sorgfältig zu dokumentieren.
Auch sollte man versuchen mit dem spanischen Kreditinstitut, über das die Finanzierung erfolgen soll, frühzeitig eine Vereinbarung zu treffen, um die Gültigkeit des verbindlichen Hypothekenangebots der Bank aufrecht zu erhalten, so dass diese nicht nach der Krise erneut verhandelt werden müssen.
Fazit
Sowohl die rechtliche Einstufung als Höhere Gewalt als auch die möglichen Rechtsfolgen sind vom Einzelfall abhängig und damit mit einiger Rechtsunsicherheit verbunden. Letztlich kann nur eine gerichtliche Entscheidung oder ein bereits gerichtlich entschiedener vergleichbarer Fall Klarheit bringen.
Gerade aus diesem Grund empfehlen wir Ihnen, die Sache einvernehmlich mit Ihrem Vertragspartner zu klären und dabei die rechtlichen Hinweise zu Höherer Gewalt als Argumentationsgrundlage zu verwenden. Für den Abschluss künftiger Verträge raten wir Ihnen zur Aufnahme einer speziellen Klausel zur Höheren Gewalt, die spezifiziert, wann Höhere Gewalt vorliegt und was die konkreten Rechtsfolgen sind.