Gesamtschuldnerische Bankenhaftung für geleistete Anzahlungen bei gescheiterten Immobilienkäufen
(Urteil STS 733/2015 vom 21.12.2015)
Der Gedanke an einen Immobilienerwerb im Urlaubsland Spanien klingt oft sehr verlockend. Während der Immobilienkrise Spaniens zwischen 2008 und 2010 bescherte jedoch gerade die Umsetzung dieses Gedankens vielen Bürgern Probleme. Anstatt ein bereits erbautes Objekt zu erwerben, haben die Betroffenen sich für ein in Spanien nicht unübliches Modell entschieden: Die sogenannte „compra sobre plano“. Genau genommen ist dies nichts anderes, als ein privatschriftlicher Kaufvertrag zwischen Käufer und Bauträger, der sich auf ein noch zu erstellendes Gebäude bezieht. Voraussetzung eines solchen Vertrages ist es jedoch, dass der Käufer eine Anzahlung zu leisten hat, deren Höhe je nach Bauträger variieren kann. Vor Fertigstellung der Immobilie erhielten die Käufer also keinen Gegenwert für die getätigten Anzahlungen.
Gingen nun die Bauträger während der Immobilienkrise in Spanien Konkurs, bevor die Immobilien fertiggestellt waren, waren auch die angezahlten Beträge nicht mehr verfügbar. Um die geleisteten Zahlungen zurück zu erhalten, war der Weg gegen den Bauträger mangels vorhandener eigener Liquidität wenig erfolgversprechend. Die Banken wiederum sahen sich nicht in der Haftung. Meistens wurde die Anzahlung auf kein separates Anzahlungskonto überwiesen und damit hatte die Bank keine Differenzierungsmöglichkeit. Wurden die Anzahlungen auf ein separates Konto vorgenommen und es gab dazu keine entsprechende Bürgschaftsversicherung vom Bauträger, sah sich die Bank für den fehlenden Abschluss ebenfalls nicht verantwortlich. Mit dem Urteil des Tribunal Supremo im Jahre 2015 hat sich diese Ausgangslage gravierend verändert. Nun gibt es eine neue Möglichkeit, vielleicht schon verloren geglaubtes Geld doch noch zurückzuerlangen.
Der Weg der Banken, mangels Verantwortlichkeit der Haftung zu entgehen, ist fortan nicht mehr möglich. Haben die Banken die Eröffnung eines Kontos mit Bürgschaftsvereinbarung nicht vorausgesetzt, müssen sie neben den geleisteten Anzahlungen auch einen jährlichen Zinssatz von 6 % auf diesen Betrag erstatten.
Es spielt keine Rolle mehr, ob der Bauträger ein separates Anzahlungskonto eröffnet hat oder die Anzahlungen auf ein allgemeines Konto des Bauträgers eingegangen sind. Konkret lautet die Doktrin wie folgt: „Bei Immobilienkaufverträgen, welche dem spanischen Gesetz 57/1968 unterliegen, haften Kreditinstitute gegenüber dem Käufer für geleistete Anzahlungen auf ein Konto des Bauträgers bei Entgegennahme dieser Zahlungen, für die Gesamtheit aller – durch die Käufer – geleisteten Anzahlungen, welche auf das Konto oder die Konten des Bauträgers bei besagtem Kreditinstitut eingezahlt wurden. Die Haftung besteht immer dann, wenn die Bank vom Bauträger für die Entgegennahme der Abschlagszahlungen die Eröffnung eines speziellen Kontos mit Bürgschaftsversicherung nicht vorausgesetzt hat.“
Den Betroffenen stehen nun Handlungsoptionen offen. Zu beachten ist, dass es sich um Situationen handeln muss bei denen:
- der privatschriftliche Kaufvertrag zwischen Käufer und Bauträger sich auf ein noch zu erstellendes Gebäude bezieht
- der Käufer Teilzahlungen (Abschlagszahlungen) auf ein Konto des Bauträgers geleistet hat
- Es nicht zur Fertigstellung der Immobilie kam und/oder ein vertragliches Rücktrittsrecht gegenüber dem Bauträger ausgeübt wurde,
- und somit Rückzahlungspflichten der bereits erhaltenen Gelder bestehen.
Ist eine solche Situation einschlägig, müssen die nachstehenden Voraussetzungen vorliegen:
- Der Bauträger muss innerhalb der vereinbarten Frist und, falls im Kaufvertrag vorgesehen, spätestens nach vereinbarter Fristverlängerung, das Bauvorhaben nicht abgeschlossen und übergeben haben (Nichterfüllung des Vertrages)
- Es muss ein begründeter Haftungsanspruch gegenüber dem Bauträger bestehen
- Alternativ sollte zumindest ein Schaden bestehen (Vorauszahlungen ohne Erhalt der entsprechenden Gegenleistung)
Wenn diese Hindernisse überwunden wurden, kann gegen die Kreditinstitute ein Rückzahlungsanspruch geltend gemacht werden. Eine Erfolgsgarantie kann trotz alledem nicht gewährleistet werden. Ebenso wie in Deutschland gilt auch in Spanien der Grundsatz der Unabhängigkeit der Gerichte, sodass das jeweilige Gericht auch vom Urteil des Tribunal Supremo abweichende Entscheidungen treffen kann, welche aber wiederum fundiert begründet werden müssen.
Auch nicht außer Acht zu lassen sind die Verjährungsfristen, die sich bei Immobilienkaufverträgen vor Inkrafttreten des Reformgesetztes 42/2015 der spanischen ZPO auf 15 Jahre belaufen, nach Inkrafttreten des Gesetzes (ab 7. Oktober 2015) auf fünf Jahre. Trotz des möglicherweise komplex erscheinenden Kerngehalts der Entscheidung kann sich die genaue Prüfung der Voraussetzungen für Betroffene durchaus lohnen. Nutzen sie Ihre Chance, um bereits verloren geglaubtes Geld zurückzugewinnen!
Sie sind von der Immobilienkrise in Spanien betroffen und wollen Ihr Geld zurückerlangen? Wir stehen Ihnen gerne mit unserem gesamten Wissen über das spanische und deutsche Recht zur Verfügung.